Der Kleine stopft seine
Disney-Pixar Woody-Puppe zu der Brotdose in die Kindergartentasche und sagt gut
gelaunt: „Los Mama, gehen wir in den Kindergarten“.
Nach einem Blick in die
Checkliste – alte Berufskrankheit - bin auch ich so weit. Natürlich nicht, ohne
noch schnell die ersten Erinnerungsfotos zu schießen. Da steht er nun, mein
Dreijähriger, der gestern noch mein kleines Baby war. Cool sieht er aus mit
seinem Käppi, und heute heißt er sowieso „Spiderman“, wie er mir mit ernstem
Gesicht erklärt. Das Kind ist heute also ein Superheld und somit bestens gewappnet.
Gemeinsam hieven wir die große
Tasche mit Kindergartenzubehör ins Auto. So eine Tasche wiegt gefühlte neunzillionen
Kilo, denn man muss den halben Kleiderschrank des Kleinen in Zweitausführung
mitschleppen: Regenhose, Regenjacke, Gummistiefel, Hausschuhe, Ersatzschuhe,
Turnschuhe, Turnkleidung, Ersatzkleidung für jedes Wetter und Fotos in
verschiedenen Größen, aber die haben wir erstmal vergessen. Und weil Mama vor
Lampenfieber schon ganz früh wach war, sind wir schon kurz nach 8 Uhr im
Kindergarten.
Dem Kleinen gefällts, denn jetzt
kann er ganz in Ruhe das Barbie Traumhaus untersuchen und kleine pinke Ponys in
noch kleinere Eisenbahnwaggons quetschen. Friedlich spielt er mit zwei weiteren
Kindern. Ein pinkes, niedliches Mädchen möchte wissen: „Wie heißt du denn?“. Der
Kleine ruft mit heroischer Begeisterung: „Ich heiße Spiderman!“. „Nein, ich will
wissen wie du als Kind heißt“ nörgelt das pinke Mädchen. „Ich bin kein Kind,
ich bin Spiderman!“ tönt es im Brustton der Überzeugung zurück, und aus seinem
Handballen schießen imaginäre Spinnweben auf das pinke Kind.
Ich sitze derweil an einem
winzigen Kindertisch auf einem winzigen Kinderstuhl und fülle etliche
Einverständniserklärungen aus, die uns für 3 Jahre zu zahlenden Mitgliedern
diverser Fördervereine machen – „der Beitrag kann uns in einem geschlossenen Umschlag
überreicht werden“. Ich blicke mich verstohlen um - es würde mich nicht
wundern, wenn mir gleich jemand im Trenchcoat nach alter Sesamstraßenmanier zu
wispert: „Pssst, hey, komm her! Ja, du! Willst du ein „E“ kaufen?“.
Derweil sind alle neuen und die
alten Kindergartenkinder eingetroffen und laufen giggelnd mit ihren Brotdosen
in die Küche zum Frühstück. Der Kleine will auch mit. Brav sitzt er vor Kopf
des langen Tisches und isst gesittet sein Butterbrot. Und er bleibt sogar
sitzen! Erstaunlich, wie sich das Verhalten in der Gruppe ändert. Als die
Kindergärtnerinnen nach dem Frühstück alle zum Aufräumen zusammenrufen, macht
meiner mit Feuereifer mit und kommandiert fachmännisch die anderen Neulinge: „He,
du sollst aufräumen! Mach mal mit“ und „ihr sollt euch hinsetzen hat die
Kindergartenfrau gesagt!“. Ich sitze sprachlos und vom Kleinen weitestgehend
unbeachtet auf meinem Ministuhl und lerne ganz neue Seiten an ihm kennen.
Inzwischen steigen die
Innenraumtemperaturen auf Transpirierstärke an, und die Kinder dürfen rausgehen
zum Spielen. Der Kleine buddelt mit zwei anderen Kindern ein weiteres pinkes
Mädchen bis zum Bauch in den Sand ein. Die Sandoberfläche glättet er
hingebungsvoll mit einer Maurerkelle. Ansonsten sausen diverse Dreiräder,
Roller und Kinderbetonmischer an mir vorbei und die Eltern müssen auf Anweisung
der Erzieherinnen wieder ins Haus gehen. Mal sehen, wann das erste Kind heulend
nach Mama ruft. Immerhin ist es nicht meiner! Der hält es ganze 45 Minuten aus,
bevor ihm auffällt, dass Mama nicht in Sichtweite ist. Aber auch dann genügt
ein kurzer Blick, um sich zu vergewissern, dass ich noch da bin. Ich bin
zufrieden. Das hatte ich mir komplizierter vorgestellt.
So vergehen blitzschnell drei
Stunden und als die ersten Neulinge quengeln und hundemüde zu stolpern
beginnen, schicken die netten Erzieherinnen uns für diesen Tag nach Hause. Ich
packe Tasche und Kind zusammen und verfrachte beides ins Auto, das sich in der
Mittagshitze ziemlich aufgeheizt hat. Schnell noch den Gurt des Kindersitzes
festzurren, Beifahrertür zuschlagen, einsteigen und los geht’s… erstmal nicht.
Denn durch die verschlossene Fahrertür sehe ich im Zündschloss den Autoschlüssel stecken. Er baumelt noch ganz leicht hin und her. Mein Blick schnellt zur Beifahrertür – verschlossen. (Hier muss ich für jüngere Leser erklären, dass mein Auto keine Zentralverriegelung besitzt. Ja liebe Kinder, sowas gibt es!). Die Tasche mit meinem Handy ist natürlich auch im verschlossenen Auto, genau wie mein kleiner Spiderman, dem vor lauter Hitze schon kleine Schweißperlen die Wange runter kullern.
Denn durch die verschlossene Fahrertür sehe ich im Zündschloss den Autoschlüssel stecken. Er baumelt noch ganz leicht hin und her. Mein Blick schnellt zur Beifahrertür – verschlossen. (Hier muss ich für jüngere Leser erklären, dass mein Auto keine Zentralverriegelung besitzt. Ja liebe Kinder, sowas gibt es!). Die Tasche mit meinem Handy ist natürlich auch im verschlossenen Auto, genau wie mein kleiner Spiderman, dem vor lauter Hitze schon kleine Schweißperlen die Wange runter kullern.
Mein Kind ist bei über 30 Grad
im Auto eingesperrt und mich erfasst leichte Panik. Ich rufe dem Kleinen durch
das geschlossene Fenster zu, dass ich zurück in den Kindergarten muss, um die
Oma anzurufen. Die hat nämlich den Ersatzschlüssel fürs Auto. Ich renne los,
greife mir eine Erzieherin, befehlige sie zum Telefon und bestelle Oma samt
Ersatzschlüssel zum Kindergarten. Und zwar SCHNELL bitteschön! Ich hetze zurück
zum Auto.
Dort heult mein kleiner
Spiderman dicke Tränen und der Schweiß läuft in kleinen Bächlein an seinem
Gesicht herunter, und ich schiele mit einem Auge nach einem großen Stein, mit
dem ich eines der Autofenster einschlagen könnte. Und der Kleine weint immer
noch herzzerreißend und ich rufe ihm mit wenig Hoffnung zu: „Drück den roten
Knopf an deinem Gurt runter. Feste! Mit beiden Daumen gleichzeitig drücken!
Los, du schaffst das!“ Und der kleine Spiderman drückt so fest, dass seine
Daumen weiß werden und sein Gesicht noch roter anläuft, und dann springt die
Gurtschnalle auf und er reißt den Gurt los und springt aus dem Kindersitz und
klettert auf die Vordersitze und greift den Türgriff und draußen ist mein
kleiner Superheld. Er hat sich selbst befreit und springt in meine Arme, und
meine Bluse wird ganz feucht vor lauter Tränen und Rotz und Sabber. Aber es könnten auch Spinnweben
gewesen sein, wie er mir nachher erklärt.
Wer weiß das schon so genau bei einem
Superhelden wie SPIDERMAN.
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